und weitere Portraits aus 5 Jahrhunderten
Band 2 von 2 in dieser Reihe
Paperback
220 Seiten
ISBN-13: 9783755753094
edition lichtblick, oldenburg
Erscheinungsdatum: 20.12.2021
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Der Orgelbauer Arp Schnitger und drei weitere wichtige, regionalgeschichtliche Portraits aus dem Nordwesten werden in diesem 2. Buch von Erhard Brüchert novellenartig lebendig.
Hier finden Sie Band 1 dieser Reihe "Windlopers" von Erhard Brüchert
Hier eine Besprechung des Buches durch Prof. Dr. Eberhard Ockel, Universität Vechta
Erhard Brüchert: Arp Schnitger und weitere Portraits aus 5 Jahrhunderten.
Wieder lassen sich
immer wiederkehrende Merkmale bei Brücherts neuem Buch feststellen:
er entdeckt in historischen Konstellationen dramatisch reizvolle
Konflikte; neu in diesem Band ist seine sympathische neue Entdeckung
offenbar unverdient vergessener plattdeutscher Romane, die auf dem
Umweg über das Theaterstück hier mit einer Widmung für Jakob
Janshen, der bei Brücherts Stücken offenbar regelmäßig die Regie
übernommen hat.
Das Vorwort führt
so in das Buch ein, dass man je nach Interesse stöbern kann, denn
die einzelnen Novellen stehen für sich. Oldersum leistet sich eine
regionale religiöse Disputation zwischen katholischen und
protestantischen Geistlichen – am 20. Juni 1526. Eingeladen dazu
hat Graf Edzard von Cirksena, und anwesend sind Junker Ulrich und
zwei evangelische Theologen sowie zwei katholische. Die katholischen
Theologen haben vom Grafen freies Geleit zugesichert bekommen. Kaum
überraschend geht es in der Disputation hoch her; ein wenig Ordnung
bringen die fünf Thesen, die zugespitzt die Lehre der katholischen
Kirche enthalten, die zwischen den Konfessionen strittig sind (20,22,
25,27 und 35). Ulrichs Ehefrau Hyma mischt sich ein und verdeutlicht
ihr Selbstbewusstsein ebenso wie ihre Fähigkeit, zu schlichten.
Elegant finde ich das Nachspiel, das wie alle späteren Zitate kursiv
gehalten ist (38ff). Auch heute, so die Botschaft, ist der Riss unter
den Christen nicht gekittet.
Die Novelle, die um den Orgelbauer Arp Schnitger kreist, spiegelt eine auch heute noch aktuelle Konkurrenz- und Neidsituation unter besonders qualifizierten Handwerkern – damals wohl einfach als Tischler angesprochen. Doch bei allen überwiegt die Überzeugung, den Orgelbau zum Lobe und Ruhme Gottes voranzubringen. Und die hübsche Idee als Kern des Spiels ist die Doppelhochzeit des Juniors und seines Meistergesellen (89ff). Der Stein des Anstoßes, das Orgelprivileg, entfällt schließlich (94). Auf diesen Geschäftsvorteil wird einstimmig von allen Orgelbauern verzichtet.
Eine gelungene Trauerbearbeitung des Mesters Siebo Siebels erzählt die dritte Novelle; nachdem seine Ehefrau Antje mit 22 Jahren im Kindbett starb, die Tochter Hilke schon sechs Jahre bei den Großeltern lebt, und Siebo mit seiner Haushälterin Swantje in Depression zu fallen droht, helfen seine Freunde Paul, das Apothekerehepaar Busse und die Eltern der verstorbenen Ehefrau Timmermann. Schuster und Schneidergilde akzeptieren Siebo als Unparteiischen bei einer listigen Verzichtsgeste während der Pfarrerwahl. Der erwünschte Ausgang dieser Wahl verschafft Siebo Anerkennung im Ort und erleichtert die Heirat seiner Kinderfrau Pia Monika, die ihm ein Zusammenleben mit seiner Tochter Hilke ermöglicht. Eine gefährliche ansteckende Erkrankung beseitigt alle Hindernisse (153ff).
Der Stoff der letzten Novelle erinnert ein wenig an die Jugendromane der Johanna Spyri und Agnes Sapper: Sie beleuchtet die prekären Verhältnisse einer großen Familie, die unter dem Alkoholismus des Vaters, der als Maurer arbeitet, leidet. Die Titelfigur ist ein siebenjähriger Junge, Hinni, der als Keerlke bezeichnet wird und offenbar als einziger seiner älteren Schwestern die Sorgen der Mutter nachempfindet, auch wenn er nicht alles, was sich an Problemen auftürmt, versteht. Glücklich ist er, wenngleich mit schlechtem Gewissen, bei seinem Onkel Wiard, dem Bruder seiner Mutter, bei Vetter Ubbo und Cousine Hima auf dem Bauernhof, wo er zuerst die Ferien zum Aufpäppeln verbringt (194), und nach seiner schweren Sturzverletzung durch den betrunkenen Vater (198f) für immer (212ff).
Durch Abbildungen (44; 84; 99; 101; 102 und 158) liefert Brüchert Hinweise auf historische Zeugnisse und Quellen seiner Theaterstücke, die er im Text immer wieder lebendig werden lässt. Es gelingt ihm, ein Zeitkolorit zu entwerfen, das immer wieder das Kopfkino in Leser und Leserin anregt. Auch die Emotionen werden geweckt und Anteilnahme beim Lesen ist unausweichlich. Dass dabei die sprachliche und orthografische Korrektheit gelegentlich etwas zu wünschen übrig lässt, verzeihe ich Brüchert. Er sollte sich künftig einen kritischen und kundigen Lektor an die Seite holen.
(Prof. Dr. Eberhard Ockel, Universität Vechta)
Natürlich wurden diese kleinen "Flüchtigkeitsfehler" umgehend beseitigt. :-) Der Verlag